Bilz-Stiftung

Bilz-Preis 2012

Bilz-Preisverleihung am 20. Dezember 2012

Preisträger

Recherche International e.V.

Laudator

Peter Finkelgruen

Presse

Begrüßungsrede von Fritz Bilz

Sehr geehrte Damen und Herren,
lieber Karl Rössel, stellvertretend für den Preisträger,
lieber Werner Jung,
sehr geehrter Herr Finkelgruen,

heute wird der Bilz-Preis verliehen an eine Initiative, die sich dafür einsetzt, dass Informationsdefizite über die Dritte Welt insbesondere über deren kulturelle und historische Wurzeln beseitigt werden. Andererseits soll durch die Arbeit von Recherche International in Deutschland mehr Interesse für die Probleme dieser Länder geweckt werden.

Dies ist damit eine wichtige Ergänzung der in früherer Zeit geleisteten Informationsarbeit der öffentlich rechtlichen Medien. Denn diese haben den Auftrag und ich meine auch die Verpflichtung in ihren Sendern Themen zur Dritten Welt angemessen zu berücksichtigen.

An meiner Wortwahl „in früherer Zeit“ sehen Sie, dass sich dies in den letzten Jahrzehnten deutlich verschlechtert hat.
Wir müssen leider feststellen, dass immer mehr Formate mit diesem Fokus entweder eingestellt, deutlich an Sendezeit eingebüßt haben oder deren verantwortliche Redakteure für diese Reihen andere Schwerpunkte gewählt haben. Ich möchte dies an mehreren Beispielen verdeutlichen.

Folgende Sendungen sind ganz weggefallen:
Im Hörfunk der WDR „Brummkreisel“. Er konzipierte zusammen mit Dritte-Welt-Gruppen vor Ort regelmäßig Zweistunden-Sendungen mit Live-Musik.
Das „kritische Tagebuch“ wurde über Jahre immer weiter verkürzt und dann ganz abgeschafft. Es kam als Ersatz das Format „Resonanzen“. Dort wurden bis auf einen Beitrag pro Monat nur noch Wiederholungen gesendet.
Ganz gestrichen wurden die Hörfunksendungen, die sich die Dritte Welt zum Schwerpunkt gesetzt haben: „Alltag weltweit“, „Spielzeit“, im WDR 5 „Miniwelten“ und im WDR 3 „Themen der Zeit“.
Die Deutsche Welle hat gar keine Mittel mehr für Beiträge von Freien Journalisten, die oft für wenig Geld fundierte Beiträge erstellt haben.
Im Fernsehen bringt der Weltspiegel nur noch Anekdoten. Es muss menscheln. Strukturen werden nur noch ganz selten aufgezeigt.

Ich möchte als nächstes die Kürzungen in den öffentlich rechtlichen Rundfunkanstalten ansprechen:
Im Deutschlandfunk wurde über Jahre das Format „Hintergrund“ gekürzt. Es gibt heute nur noch Samstagmittag – für dieses Thema eine superschlechte Sendezeit – eine halbstündige Sendung „Dritte Welt“.
Das gleiche Schicksal ereilte im NDR die Sendung „“Forum“.

Die Etats für längere Features wurden radikal gekürzt. Die Reisekosten so stark begrenzt, dass schon von daher 3. Welt-Themen nicht mehr realisierbar waren oder allenfalls mittels Koproduktion hergestellt werden konnten.

Bis in die 1960er und 1970er Jahre gab es im WDR einen einstündigen Sendeplatz mit dem Titel „3. Welt“. Nach dem Ausscheiden der Redakteure in den 1980ern setzten deren Nachfolger andere Schwerpunkte im Feature Programm.

Als drittes möchte ich den Themenwandel in den öffentlich rechtlichen Medien ansprechen, der auf Kosten von sorgfältig recherchierten Hintergrundinformationen zur Dritten Welt geht.

Heute werden Dritte-Welt-Themen erst dann als aktuell und damit als sendewürdig charakterisiert, wenn es um Hungersnöte, Fluten, Erdbeben, Terroranschläge, Kriege oder Wahlen geht. Damit ist aber keine Hintergrundinformation verbunden, die aber dringend notwendig wäre, um die heutigen Konflikte und Katastrophen erst nachvollziehbar zu machen.

Zumeist werden reflektierte Berichte nur noch von den Kollegen angesprochen, die kurz vor der Pensionierung stehen. Sind diese in Rente, bleibt wohl nur noch die Krawallberichterstattung.

Ich habe mich immer dagegen gewehrt, wenn jemand argumentiert hat: „Früher war alles besser“.
Für die Dritte-Welt-Berichterstattung kann man das heute mit Fug und Recht behaupten. Nur wer die Hintergründe eines Konfliktes in der Dritten Welt nicht kennt, neigt leicht zu einfachen Deutungsmustern. Da sind das Vorurteil, die Überheblichkeit und das Unverständnis nicht weit. Oft resultiert daraus die Ablehnung und auch Verfolgung dieser Menschen, deren jetzige Situation die Folge der über Jahrhunderte betriebenen Politik der sogenannten zivilisierten Welt ist. Dies fällt zu Recht auf uns zurück.

Ändern kann man das nur durch eine bessere Informationspolitik in den öffentlich rechtlichen Medien. Setzen wir uns dafür ein.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

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